Fußballstadien in Deutschland verfügen über eine eigene Kapelle mit Stadionpfarrer: Berlin (Olympiastadion), Gelsenkirchen (Veltins-Arena) und Frankfurt/M. (Commerzbank-Arena). In Mainz und Stuttgart gibt es Pläne für eine Stadionkapelle.
Stadionpfarrer Eugen Eckert bietet in der Frankfurter Commerzbank-Arena geistliche Impulse für Sportler, Mitarbeiter und Fans
Von Ines Heyer, Thüringer Allgemeiner Anzeiger, 19. Juni 2010
Der Arbeitsort von Eugen Eckert ist ungewöhnlich. In Frankfurts größter Fußballarena geht er fast täglich ein und aus. Und das, obwohl er nicht als Sportler oder Techniker arbeitet. Eugen Eckert ist Stadionpfarrer – und davon gibt es nur drei in ganz Deutschland.
Die Musik führt Eckert regelmäßig ins thüringische Gräfenroda: Der Seelsorger schreibt neue geistliche Lieder, Singspiele und Oratorien. In Arbeitskreisen stellt er seine Werke vor und lädt zum Mitsingen ein. Viel Gesprächsstoff bietet dabei immer wieder sein außergewöhnlicher Beruf. „Mein Arbeitsplatz ist ein Fußballstadion – seit dem Jahr 2007, als die Kapelle in der Commerzbank-Arena ihre Tore öffnete. Ich bin hier geistlicher Ansprechpartner für Sportler, Mitarbeiter und Fans.“
Die Idee kam aus Barcelona. Prof. Dr. Peter Steinacker, Mitglied im Beirat von Eintracht Frankfurt und Präsident der Kirche in Hessen und Nassau, setzte sich für den Kapellenbau in der Mainmetropole ein. In der Anfangszeit war die Resonanz auf die Andachten noch gering. Um das zu ändern, kam Eckert auf eine ganz eigene Idee: „Das Stadion war ausverkauft. 48 000 Amerikan-Football-Fans fieberten dem Spiel entgegen. Ich ging im Talar ins Stadion, in den Händen mein Plakat mit dem Hinweis zur Andacht. Die Massen johlten, ich fühlte mich wie in einem Hollywood-Streifen. Ganz langsam zog ich meine 400-Meter-Runde.“ Seit dieser Aktion kann sich der evangelische Pfarrer über mangelnden Zulauf nicht mehr beschweren.
Fußball und Gesangbuch sind bei Pfarrer
Eugen Eckert immer dabei.
Foto: Heyer
„Einige Fußballprofis kommen regelmäßig in die Kapelle.“
Eugen Eckert, Stadionpfarrer in Frankfurt
90 Minuten vor großen
Konzerten, den Länderspielen
der Nationalmannschaften
der Männer und der Frauen
und anderen Großveranstaltungen
im Stadion findet
in der kleinen Kapelle eine
Andacht statt. Vor dem eigentlichen
Anpfiff gibt Eugen
Eckert einen Denkanstoß
und bietet einen Ort der
Ruhe im brodelnden
Hexenkessel.
Wie im Stadion
gibt es in der
Kapelle Stehund
Sitzplätze,
insgesamt
90. Wer zeitig
kommt, sichert
sich einen der
28 bequemen
„Tribünenplätze“,
die in Rot
und Schwarz gehalten
sind. „Dass
dies die Vereinsfarben
von Eintracht Frankfurt
sind, ist purer Zufall.“
Die Gläubigen kommen
in ihrer Fankluft. Sie tragen
Schals, Trikots und Gesichtsbemalung.
„Ehe der Trubel
beginnt, können sie sich
noch einmal besinnen oder
sich an verstorbene Freunde
erinnern. Oder sie kommen
aus reiner Neugier. In Spitzenzeiten
habe ich schon vier
Andachten hintereinander
gehalten.“
Auch für die Fußballprofis
von Eintracht Frankfurt steht
der Pfarrer als Ansprechpartner
bereit. „Die brasilianischen
Spieler Christian
Hening und Caio César Alves
dos Santos machen aus ihrem
Glauben kein Geheimnis und
schauen schon mal in der
Kapelle vorbei.“ Als ehemaliger
aktiver Fußballer von FSV
Frankfurt kann Eckert sich gut
in die Sorgen und Probleme
der Spieler hineinversetzen.
Fast so schön wie der
Meistertitel ist für viele Eintracht-
Fans, in direkter Nähe
zu ihren Stars zu heiraten oder
ihr Kind taufen zu lassen.
„Kürzlich ließ ein Konditor
sein siebtes Kind taufen. Zur
insgesamt 20. Taufe in der
Stadionkapelle kam sogar Vereinspräsident
Peter Fischer.“
Als Fußball-Pfarrer wird
Eugen Eckert wahrscheinlich
kaum ein Spiel der Fußball-
WM in Südafrika verpassen.
Sein Favorit ist
Spanien.
„Aber die
Deutschen
sind
immer
für eine
Überraschung
gut.“
ZUR PERSON
• 1954 geboren
• Ausbildung als Sozialarbeiter
und evangelischer Pfarrer
• seit 1996 Studentenpfarrer
an der Goethe-Universität in
Frankfurt
• 2007 beruft ihn die Kirche
als Stadionpfarrer in
die Frankfurter
Commerzbank-
Arena
• Eckert schrieb
mehr als 1000
geistliche
Lieder, sechs
Oratorien und
Singspiele
• er ist einer der
wenigen lebenden
Dichter mit einem
Lied im aktuellen
evangelischen
Kirchengesangbuch
(EG 171 „Bewahre
uns, Gott“)