Die Offenbach Post vom 3. April 2002 zur
Uraufführung des Oratoriums "Emmaus" am
1. April 2002 in Seligenstadt.
Von J. SCHREINER
Am
Ende wurde er enthusiastisch, fast wie ein Popstar, gefeiert, musste Zugabe
um Zugabe geben. Thomas Gabriel, Regionalkantor in Seligenstadts Einhardbasilika,
hat an seiner Wirkungsstätte nach "Daniel" ein weiteres großes
Werk aufgeführt. Das rockige Singspiel "Emmaus" begeisterte
am Ostermontag im voll besetzten Seligenstädter Gotteshaus nach der Uraufführung
um 17 Uhr am Abend gleich noch einmal. Ideal hier das Zusammenwirken von Text
und Musik.
Eugen Eckert mit Thomas Gabriel
Zu
Grunde liegen dem "Musikspiel in sechs Bildern" Auszüge aus
dem 24. Kapitel des Lukasevangeliums, die Eugen Eckert, von 1990 bis 1995 in
Offenbach als Gemeindepfarrer tätig und mit zeitgenössischer Kirchenmusik
eng vertraut, in sprachgewaltige Verse gesetzt hat. Der Zuhörer wird hier
gleichsam an die Hand genommen, um sich mit den Jüngern Thekla und Kleopas "Auf
den Weg nach Emmaus", (erstes Bild) zu machen, um die Ostergeschichte
mit deren Augen zu erleben. Gemäß der Lukasschrift begegnen die
betrübten Nachfahren Jesu, kommentiert von dem Evangelisten, dem Zöllner
Levi (zweites Bild: "Erinnerungen"), später auch von Jesus (drittes
Bild: "Ein Fremder geht mit"), den sie aber nicht erkennen.
An diesem Punkt macht der Librettist eine Zäsur: Der "Chor der Schergen" setzt
ein, um die Passionsgeschichte noch einmal Revue passieren zu lassen, von Gabriel
mit Anklängen an Johann Sebastian Bach auch musikalisch einprägsam
dargestellt. Im vierten Bild, "Das leere Grab", erinnern sich drei
Frauen, die den Leib balsamieren wollten, an Jesu Verkündigung, sterben
zu müssen, um auferstehen zu können. Im fünften Bild, "Der
Fremde spricht", verweist der unerkannt gebliebene Jesus auf Moses und die
Propheten, die seinen Leidensweg in den Schriften beschrieben hatten. Beim Brechen
des Brots im sechsten Bild, "Emmaus", schließlich erkennen die
Jünger den Auferstandenen. Sie kehren nach Jerusalem zurück, um ihre
Freude zu verkündigen.
Gabriels stets atmende Musik, die mit Melodienfülle und rhythmischer Prägnanz
begeistert, wurde von Mitgliedern des Ratinger Bachorchesters und einer druckvollen
Rockband ideal ausgestaltet. Klangstark und expressiv sang der "Projektchor
Emmaus" - darunter auch drei Solostimmen - arbeitete den Solisten zweckdienlich
zu. Stephan Müller-Rupperts kräftige Rockstimme verlieh gleich drei
Charakteren Kontur: Kleopas, dem Zöllner Levi und Theklas Vater. Beate Heitzmann
gefiel mit einer ausgewogenen Altstimme als Thekla und deren Mutter. Pascal Scholz
als Evangelist agierte stimmlich ebenso überzeugend wie Stefan Röttig,
der die Jesus-Partie mit baritonalem Glanz versah. Den guten Gesamteindruck rundeten
Christian Müth, Monika Wurzel und Steffen Bodensohn in Nebenrollen ab.